Ein seltsamer Name

Ich gebe es zu, ich bin eigentlich ganz froh, dass ich nicht wirklich Thesilée heiße. So viel zu buchstabieren! Und dann auch noch der Akzent – muss der jetzt nach links? Oder nach rechts? Und wie muss ich das jetzt aussprechen? Als ich mich irgendwann um 1998 herum vor meinen Freuden aufbaute und sagte »Ich möchte, dass ihr mich von jetzt an Thesilée nennt!«, da war es kein Wunder, dass sie mich auslachten. »Das klingt ja wie Teesieb!«, sagten sie, und danach war die Sache vom Tisch. Ich zog den Antrag zurück und blieb Maja, und auch wenn ich immer bedauert habe, niemals einen Spitznamen zu besitzen, und auch wenn Leute immer Bienenwitze machen mussten und dieses Lied von Karel Gott singen, ist das ein Name, den ich sehr mag, und unter dem ich dann auch meine Bücher veröffentlicht habe.

Dass ich in zweiter Instanz doch noch zu Thesilée wurde, verdanke ich einer Fehlinformation. Ein Bekannter ist schuld, der mich auf meine erste Filkconvention mitnahm – und der mir sagte, dass beim Filk jeder unter Pseudonym unterwegs ist. »Niemand weiß, wie die anderen in Wirklichkeit heißen«, sagte er, und ich, in der Erwartung, einer Geheimgesellschaft beizutreten, wählte den Namen, der die allerwenigsten Rückschlüsse zu ließ auf wie ich wirklich heiße. Und es war doch immer noch ein schöner Name.

Tatsächlich gibt es im Filk viele, die unter ihren Badgenames bekannter sind als unter ihren richtigen Namen, aber es gibt immer noch genug, die ihre richtigen Namen benutzen, und auch bei denen, die Pseudonyme benutze, kennt man doch in den meisten Fällen die richtigen Namen – spätestens, wenn man ihre Facebook-Freundschaftsanfragen annimmt. Ich hätte also von Anfang an Maja bleiben können. Dass ich es nicht getan habe, ist letztlich ein Glücksfall. So kann ich trennen, zwischen Musik und Schreiberei. Ich mache unter meinem richtigen Namen schon so viel, dass der Name sich auch mal erholen können muss.

Darum werde ich im Filk immer Thesilée bleiben. Der Name ist einzigartig, hat Wiedererkennungswert, und wird erstaunlich oft richtig ausgesprochen: Selbst Amerikaner, die bei der Schreibweise von Maja-mit-Jott nie wussten, was sie daraus machen sollten, bis ich daran gewöhnt war, auf alles zu reagieren, was irgendwie mit einem M anfing – Myrna, Moira, Mia – sprechen Thesilée auf Anhieb richtig aus – das macht der Akzent, da denkt man gleich »Französisch!«, und schon ist man da. Gut, manche machen auch Sse-ssi-lie draus, aber damit kann ich besser leben als mit Myrna. Die korrekte Aussprache lautet also TEE-sie-LEE. Wie man’s spricht. Denkt an Teesieb, und ihr seid schon halb da.

Aber jetzt wird es etwas komplizierter. Ich bin nicht-binär, und ich bevorzuge männliche Pronomen gegenüber den weiblichen. Das ist mit meinem richtigen Namen schwer umzusetzen, dafür klingt Maja doch zu feminin, aber im Filk habe ich im Herbst 2023 Nägel mit Köpfen gemacht und darum gebeten, dass man männliche Pronomen für mich verwendet. Thesilée ist ein Phantasiename und kann, was mich betrifft, trotz der im Französischen femininen Endung auch männlich gelesen werden. Und wer mich einfach nur Thesi nennt, macht damit nie etwas falsch. Ich habe schon überlegt, komplett auf die Kurzform umzusattlen – aber das wäre auch wieder schade um den Ruf, den ich mir als »die Bardin Thesilée« aufgebaut habe, und die Domain dieser Webseite lautet thesilee.de, und überhaupt, es bleibt ein schöner Name. Also bleibe ich bei Thesilée. Aber wenn ihr mir eine Freude machen wollt, ist es der Thesilée.

Danke fürs Zuhören! So ein langer Exkurs für einen gar nicht mal so langen Namen! Aber jetzt wisst ihr Bescheid.