Nur selten verirrt sich ein Wanderersmann
durch die Berge inmitten des Schnees
und fragt sich, wie irgendwer hier leben kann,
in den Häusern am Rande des Sees.
Lange verblaßt schon sind Farben und Pracht.
Auf den Straßen liegt Unrat und Müll.
Bei Nebel hätt jeder an Stille gedacht,
und doch hört man nur das Gebrüll.
Da bleibt das Herz stehen, o Schreck, wie das graust!
Das Heulen – ist das nur der Wind?
Man fragt: »Welches Monster hat hier nur gehaust?«
aber dann sieht man ein (und noch ein) (und noch ein) Kind.
Wää, wääwää, wääwää…
Wää, wääwää, wääwää…
Einst war das Leben noch friedlich am See
bis Nebel den Tiefen entsprang,
er brachte die Stimmen zum Weiler im Schnee,
den lockenden, leisen Gesang.
Heut hört man das nicht mehr, doch nun seh ich klar
wie das Dorf in die Scheiße sich ritt:
Der Nebel – er kommt und geht einmal im Jahr,
und Einen von uns nimmt er mit.
Bis dann einer sagte: »Es macht nicht viel aus,
solang wir in der Mehrzahl noch sind.
Drum eilt euch, ihr Frauen, verschwindet im Haus:
und dann bekommt noch ein (und noch ein) (und noch ein) Kind.«
Wää, wääwää,wääwää…
Wää, wääwää, wääwää…
Jahre um Jahre verflossen wie Schnee,
das Dorf wurde bald schon zur Stadt.
Ich bin die Letzte der Menschen vom See,
die noch keine zwölf Kinder hat.
Es geht wie von selbst, auch die Jungfrau muß ran –
man gebiert und gebiert und gebiert.
Da sitzt man zuhause, sieht nie einen Mann,
und schon sind die Kinder zu viert.
Wir hoffen und bangen, erwarten den Tag
daß endlich das nächste verschwindt:
Doch die Blutung bleibt aus, und dann geht’s Schlag auf Schlag
und man bekommt noch ein (und noch ein) (und noch ein) Kind.
Wää, wääwää, wääwää…
Wää, wääwää, wääwää…
Verirrst du dich einstens als Wandrer hierher,
in die Großstadt inmitten des Schnees,
sich spiegelt ein scheußliches Hochhäusermeer
in den mattgrauen Fluten des Sees.
Der See leergefischt und der Berg abgegrast,
kein Vieh, keine Milch und kein Brot
Doch trotz Hunger gilt: Die Geburtenzahl rast
und ein jedes Kind nährt unsre Not.
Doch du darfst gern bleiben, wir laden dich ein
weil wir ganz bescheuert nicht sind:
Und gehst du am Morgen, du gehst nicht allein
denn mit dir geht dann ein (und noch ein) (und noch ein) Kind
Wää, wääwää, wääwää…
Wää, wääwää, wääwää…
Jedes Jahr verschwinder einer? Und das ganze Dorf stirbt deswegen aus? Ja sind die denn doof, fragte ich mich – und so ging das seinen Gang…
Das Lied mit Akkorden als PDF
Das Lied im Chordpro-Format
Text © 2006 by Thesilée
Melodie »Stimmen im Wind«, © 1995 by Eva van Daele-Hunt