Lieder

Die Grenze zwischen Lied und Ballade verläuft bei mir oft fließend, und es findet sich in dieser Kategorie sicher der eine oder andere Titel, der sich auch in der anderen Kategorie wohlgefühlt hätte. Ich habe versucht, so zu trennen, dass sich die Texte mit starkem erzählendem Charakter bei den Balladen wiederfinden, während die Monologe und Momentaufnahmen bei den Liedern gelandet sind – was nicht heißt, dass hier bei den Liedern keine Geschichten erzählt werden.

Alles in allem sind die Texte in dieser Abteilung persönlicher und gefühlvoller gehalten. Und manchmal, in besonders seltenen, kostbaren Augenblicken, gelingt es mir sogar, ein Lied zu schreiben, dass nicht nur dem Zuhörer die dunkle Seite der eigenen Seele zeigt, sondern ein kleines Stückchen von mir selbst preisgibt. Solche Lieder kann ich wirklich nicht oft schreiben, und das ist auch gut so, denn sonst würden sie sich abnutzen, und ich will, dass sie etwas Besonderes bleiben und nicht meine Zuhörer langweilen, weil ich den endlosersten Seelenstriptease vor ihnen hinlege.

Aber ich bin nun einmal nah am Wasser gebaut – man glaubte es kaum, wenn man meine makabren, zynischen Geschichtchen hört und dabei das vergnügte Glitzern in meinen Augen sieht – und wenn auf einer Filkconvention rührselige oder tragische Lieder gesungen werden, heule ich als allererster los. Darüber gibt es sogar eine wissenschaftliche Untersuchung – echt, ich denke mir das nicht aus! Und wenn ich nicht gerade über den Tod schreibe, dann über die Liebe. Oder beides, das lässt sich ja oft ganz gut kombinieren.

Letztlich habe ich in meinen Liedern die gleichen Themen wie die großen manisch-depressiven Genies vergangener Tage: Liebe, Schnaps, Tod und Vanitas. Ich könnte gleich noch ein paar wissenschaftliche Abhandlungen mitliefern, sozusagen die Interpretation zum Lied wie das Buch zum Film, wenn ich denken würde, dass sich irgendjemand dafür interessieren könnte – was ich aber nicht glaube. Überhaupt, die Lieder sind dafür da, dass man sie auf sich wirken lässt, und nicht dafür, sich analytisch den Kopf zu zerbrechen.

Zu Zeiten von Lord Landless hatten wir eine Arbeitsteilung, und für alles Bedeutungsschwangere, Gefühlvolle war Silva zuständig: Jetzt muss ich das alles allein machen, umso mehr freut es mich, wenn dann Silva heute noch Lieder von mir singt oder sogar mit einer Anregung, was ich noch schreiben könnte, zu mir kommt – Ideen kann ich immer brauchen, und es ehrt mich, wenn mir jemand zutraut, das Lied zu schreiben, an dem er sich selbst schon die Zähne ausgebissen hat.

Ich weiß nicht, wie viele lange Balladen ich noch schreiben werde, dieweil ich nach den acht-Minuten-Exzessen meiner frühen Jahre mittlerweile doch bestrebt bin, mich kurzzufassen – aber Lieder, kleine, scharfe Momentaufnahmen und Seelensplitter, soll es auch in Zukunft noch ganz, ganz viele von mir geben.